Dienstag, 16. Dezember 2014

Mein moralischer Teil

Es ist eine gefühlte Ewigkeit her, seitdem ich hier etwas geschreiben habe. Woran das lag? Keine Ahnung. Lese ich doch täglich von den vollberufstätigen Müttern, die neben Kindern, Haushalt, Job und sinnvoll - präsentier-geeigneten Tätigkeiten, wie Sport und DIY Kram es schaffen, regelmäßig zu bloggen. Ich mache keinen Sport und meine Nähmaschine wurde auch schon ein paar Tage nicht bewegt. Dennoch fühlte es sich in den vergangenen Tagen und Wochen so an, als würden die 24 Stunden nicht reichen. Jetzt habe ich Urlaub und siehe da, mein Rehlein sorgt dafür, dass ich nicht in den üblichen Putzwahn verfalle. Nachdem ich gestern den ganzen Tag mit Halsschmerzen im Bett verbrachte, war ich heute morgen schlagartig fit, als mich ein kleiner Quasimodo aus dem Kinderbett anschielte. Supi, Binderhautentzündung, hatten wir noch nicht. Da hat sich die Natur was Feines ausgedacht! Die eigenen Befindlichekeiten rücken in den Hintergrund und lösen sich auf. Zumindestens so lange, bis man wieder Luft holen kann. Aber mal ehrlich, so eine Binderhautentzündung ist zwar blöd, stört aber nicht beim Spielen und Rumrennen. Nur leider bedeutet das 2 Tage Kitaverbot und ich hatte mir so viel vorgrnommen. Allerdings bekomme ich dafür viele schöne Stunden mit dem Rehlein geschenkt. Selbst gedichtete Kinder und Weihnachtslieder tönen den ganzen Tag durch die Wohnung, ich übe mich im "Chaosertragen" und bin dankbar dafür, dass sich das Rehlein so wenigstens nicht die nächste Krankheit aus dem Kindergarten abholt *klopf, klopf*.
Das Thema Krankheiten hat mich seit dem Kruppanfall lange beschäftigt. Emotional meine ich. Dadurch, dass ich nicht arbeiten konnte, hatte ich zuhause ein schlechtes Gewissen. War ich in der Firma, dachte ich an das hustende Rehlein und wieder kratzte die Moral in meinem Kopf. Das war sehr anstrengend. Und so habe ich für das neue Jahr auch nur einen einzigen Vorsatz: Ich werde mir meinen moralischen Richter, der in meinem Kopf für das schlechte Gewissen sorgt, umerziehen! Ich kann nicht allen Rollen gleichzeitig gerecht werden und das will ich auch gar nicht. Naja, ein Teil von mir möchte das schon. Doch ich habe erkannt, dass dieser moralische Teil mein Verhalten beeinflusst. So backte ich bei völliger Erschöpfung am Nikolausabend noch drei verschiedene Plätzchensorten, weil ich den Nachbarn alle Jahre wieder einen Teller bunter Vielfalt hingestellen wollte. Ich putze ständig die Fenster, weil es mich stört, wenn ich die getrockneten Regentropfen darauf sehe und schäme mich innerlich, wenn der Rasen nicht gemäht ist. Mit anderen Worten, ich habe einen Hang zum Perfektionismus und einen nervigen Moralapostel im Kopf. Nicht, dass mich das früher so gestört hätte. Da konnte ich es aber noch voll ausleben. Jetzt mit dem Job bleibt nicht mehr viel Zeit dafür. Ich möchte viel lieber auf dem Sofa mit meinem Kind kuscheln und Budenbauen, anstatt schon wieder an den Staubsauger zu denken. Glücklicherweise trägt das Rehlein ja nicht nur meine, sondern auch die Gene vom Platzhirsch in sich. Und so bleibt die Hoffnung, dass unsere Tochter sich nicht zum Perfektionisten entwickelt. Ich gebe mein Bestes ein gutes Vorbild zu sein und stelle mit Blick ins Wohnzimmer fest, dass ich auf einem guten Weg bin!